Laboratorische Untersuchung: Sind Sexspielzeuge giftig?
Wer des Öfteren Sexspielzeuge kauft, wird sich sicherlich schon bei dem einen oder anderen Produkt gefragt haben: “Ob das wohl gesund ist?”. Viele Erotikartikel gasen derartig stark diverse Chemikalien aus, dass einem beim längeren Einatmen regelrecht schlecht werden könnte.
Wir wollten wissen, ob bei regelmäßigerem Gebrauch gesundheitliche Schädigungen zu befürchten sind oder ob die Angst unbegründet ist. Im Dezember 2004 beauftragten wir ein unabhängiges Kunststoff-Institut das Material von zwanzig unterschiedliche Kunststoffe zu bestimmen.
Was wurde getestet:
Wir wählten die geläufigsten Materialien aus, die in den Katalogen diversen Erotikshops kursieren. Hier die Auflistung:
ProbenNr. | Material nach Herstellerangabe | Produktbezeichnung |
---|---|---|
1. | Latex | Latex-Softee Multi-Speed Stimulator |
2. | Latex | Kelly´s Vagina |
3. | Naturlatex | P Stimulator mit Vibration |
4. | Silikon | Diamond Lover |
5. | Silikon | FunFactory Dolly Dolphin |
6. | Silikon | Playstixx Walfisch |
7. | Silikon | Tobis Flipper Vibrator “glow in dark” |
8. | Jelly | Plug&Joy |
9. | Jelly | Candy Lover |
10. | k.A. | Goldballs |
11. | k.A. | Pussy Snatchers 7″ waterproof |
12. | k.A. | Dildo Red roses |
13. | Magic Flesh | Magic Flesh Super Shapes Soft Tip Slim Vibe |
14. | Nature Skin | Real Vibe |
15. | Love Clone | Duo Density Penis with Scrotum 6″ |
16. | Love Clone II | Duo Density 6.5″ Vibrator |
17. | Pureflesh | Ballsy Dong |
18. | Cyberskin | Cyberskin Cyber Cock |
19. | Real Feel Super Skin | Fleshlight Super Tight Insert |
20. | Ultra Skin / UR-3 | Ultra Skin Realistic Cock (UR-3 6″ Cock) |
Warum wurden diese Produkte ausgewählt:
Uns interessierte, um welche Kunststoffe es sich im Detail handelt und welche Inhaltsstoffe beigefügt wurden. Bei den Proben 1 bis 3 wollten wir spezieller wissen, ob es sich wirklich um echten Latex und bei 4 bis 6, ob es sich um echtes Silikon handelte.
Bei 8 und 9 wollten wir herausfinden, was an den negativen Gerüchten des Jellys dran ist. Die Liebeskugeln Nr. 10 interessierten uns bezüglich diverser beigemengter Metalle und bei 11 und 12 hatten wir gar keine Ahnung, was das war – aber die Toys rochen widerlich.
Die Sextoys 13 bis 20 sind hautähnliche Stoffe, bei denen wir bezüglich der Weichmacher Bedenken hatten. Wir denken, dass wir die wichtigsten Werkstoffe zusammengestellt haben.
Grundgedanken der Kunststoff – Untersuchung
Der Grundgedanke bei der Benutzung der Spielzeuge ist folgender: Wenn Sextoys häufig genutzt werden, kommen sie insbesondere mit der Vaginal- oder Analschleimhaut in Kontakt. Der Penis gilt als nicht ganz so schadstoff-aufnahmefreundlich, da dieser über keine großflächigen Schleimhaut-Regionen verfügt.
Durch Reibung, Biegungen, Feuchtigkeit und Wärme werden flüchtige Inhaltsstoffe aus den Materialien herausgelöst und von der Schleimhaut resorbiert (aufgenommen). Befinden sich die Substanzen in der Schleimhaut, gelangen sie über winzige Kapillaren in die Blutbahn und werden zu den Zellen des gesamten Organismusses befördert. Dort können sie sich bei höheren Dosen festsetzen und die Organe schädigen.
Übrigens hatte der Stern im Jahre 2001 einen Bericht veröffentlicht, in dem durch ECO-Umweltinstitut Köln fünf Lovetoys getestet wurden. Leider ist dieser Bereicht mittlerweile aus dem Archiv entfernt worden und wir dürfen eine Kopie aus Urheberrechtsgründen nicht veröffentlichen. Aber auch in diesem Test wurden in einem Kunststofftest diverse hochdosierte, gesundheitsschädigende Stoffe identifiziert und erörtert.
Gesundheitliche Gefahren bei Sexspielzeugen
Phthalate:
Am gefährlichsten sind PVC-Weichmacher, von denden die meisten Materialien in die Gruppe der Phthalate eingeordnet werden. Sie dienen dazu, das ursprünglicherweise harte PVC dauerhaft weich, biegsam und elastisch zu machen. Phthalate gelten als erbgutschädigend, zellschädigend, krebserregend und allergiefördernd. Die Gefahr von Phthalaten ist nicht von der Hand zu weisen und der Einsatz ist in Kinderspielzeug, in der Lebensmittelindustrie und bei medizinischen Instrumenten und Apparaturen (Schläuche, Dichtungen etc.) europaweit verboten. Es gibt verschiedene Phthallate und alle haben einen süßlichen, penetranten, ekligen Geruch.
In zahlreichen Tierversuche wurde die Giftigkeit des Werkstoffs mehrmals bestätigt. Die Stoffe lagerten sich in Leber, Nieren und Fettgewebe ab und es bildeten sich Krebsgeschwüre, die Spermien- und Östrogenproduktion wurde beinträchtigt und der Hormonhaushalt wurde gestört, da sie im Körper wie Östrogen wirken. Wissenschaftler fanden außerdem heraus, dass Phthalate auch zu Entwicklungsstörungen der Geschlechtsorgane männlicher Nachkommen führt.
Leider interessiert es in der Erotikindustrie aus gesundheitlicher Sicht anscheinend niemanden, welche Inhaltsstoffe verwandt werden. Wo es bei Kinderspielzeug unzählige gesetzliche Auflagen und Richtwerte gibt, kann die Erotikbranche unbehelligt und unkontrolliert ihre Waren vertreiben. Hier scheinen nur die wirtschaftlichen Faktoren, der Preis und die Quantität im Vordergrund zu stehen. Seit ein paar Jahren gibt es glücklicherweise einige (deutsche) Hersteller, die mit echten Silikon und Latex-Produkten den Billig-Sextoys den Kampf ansagen. Mit innovativen und formschönen Produkten befreien sie die Erotikspielzeuge aus ihrem Schmuddelimage. Und dass Geiz nicht immer geil ist, hat auch dieser umfassende Kunststofftest wieder belegt.
Natürlich wollen wir keine Panik verbreiten, dass das dreimalige Benutzen von z.B. Dildos pro Monat Krebs verursacht. Benutzt man die Toys jedoch mehrmals wöchentlich, erhöht sich die Dosis im Zusammenspiel mit den Kunststoffen unseres Alltags (Kleidung, Verpackungen, Kosmetika, Automobilteile, Möbel…) enorm.
Lösungsmittel:
Natürlich sind Phthalate nicht die einzigen schädlichen Substanzen in Liebesspielzeugen. Auch Lösungsmittel wie Toluol, Cyclohexan und Tetrahydrofuran sind in den Spielzeugen enthalten und können reizende Wirkungen haben.
Toluole reizen Augen und Atemwege und sind ebenfalls als Erbgutschädigend eingestuft worden. Tetrahydrofuran ist als krebserregend und hautreizend spezifiziert. Cyclohexan kann zu Hautirretationen und Kopfschmerzen führen.Die Lösungsmittel werden, wie bei den Phthalaten auch, nicht durch Latex-Kondome zurückgehalten.
Nach Angabe des Forschungsteams sind diese Stoffe in Sexspielzeugen jedoch nur in minimaler Dosierung vorhanden und es sind keine akuten gesundheitlichen Gefahren zu erwarten.
Hier nun die Erörterung der Messergebnisse:
Das beauftragte Kunststoff-Institut analysierte die Materialien anhand der so genannten Infrarot-Spektroskopie (FTIR). Welche physikalischen Eigenschaften die Materialien im Einzelnen haben, könnt Ihr unserem Material-FAQ entnehmen. Auf den Bildern, die vom Labor des Kunststoffinstituts erstellt wurden, sind die Sextoys nach der Probenpräperation zu erkennen.
Zusammenfassung:
Von 20 Kunststoffen waren gerade mal 5 unbedenklich! 11 werden als bedenklich eingestuft und 4 Sexsppielzeuge sind giftig – Das ist die traurige Billanz der Lovetoytest-Kunststoffüberprüfung. Auch wenn gesundheitliche Schädigungen nur bei häufiger Benutzung zu erwarten sind, möchten wir unsere Leser sensiblisieren. Man sollte sich nicht nur vom Preis, den schrillen Farben und den Werbeparolen verleiten lassen, sondern lieber auf unbedenklichere Werkstoffe zurückreifen.
Jelly ist kritisch betrachtet nur ein schönender Schutzbegriff für alles Mögliche, was Hersteller zusammenmixen. Meistens handelt es sic um PVC mit hohem Weichmacher- und Lösungsmittelanteil. Aber auch andere gesundheitlich bedenkliche Materialien werden als Jelly klassifiziert. Wir raten unbedingt von der Benutzung von Jelly-Artikeln ab. Ein Irrglaube ist übrigens, dass Kondome bei Jelly – Sextoys die giftigen Stoffe abhält. Das stimmt nicht! Phthalate gelangen durch die chemische Struktur des Latex mühelos hindurch. Aber benutzt die Toys lieber mit Kondom, als dass Ihr die Stoffe ungehindert in Euren Organismus spült.
Die hautähnlichen Skinprodukte können unter Vorbehalt benutzt werden. Die meisten Produkte bestehen aus EPDM und es können sich bei Benutzung vielerlei Bestandteile (Weichmacher, Stabilisatoren, Lösungsmittel etc.) verflüssigen. Die Inhaltsstoffe können die Vaginalschleimhaut reizen, die Scheidenflora stören und den Säure- / Basenhaushalt durcheinander bringen. Ist die Scheidenflora gestört ist sie anfälliger auf Pilze und Keime. Wir empfehlen den hautähnlichen Toys bei häufiger Benutzung ein Kondom überzustreifen.
Am besten fährt man mit Silikon – Sexspielzeugen. Alle gestesteten Probanten schnitten mit gesundheitlich unbedenklichen Messergebnissen ab. Natürlich sind die Silikontoys etwas teuerer, als die Jelly-Modelle, aber Ihr habt damit auch über mehre Jahre hinweg viel Spaß und müsst Euch keine Gedanken über die Inhaltststoffe und den Gestank machen.
Latex ist eine gute Alternative und aufgrund anderer Eigenschaften ein völlig anderes Liebeserlebnis. Massive Latex-Toys kennen wir bis dato nicht – Meistens handelt es sich um eine ausgeschäumte Latexhülle. Viele Shops und Hersteller werben mit Latex-Sexspielzeugen, doch die wenigsten sind echt!
Grundangewohnheit sollte bei allen Sexspielzeugen IMMER das vorherige gründliche Abspülen mit Seifenwasser sein, da Produktionsrückstände (z.B.Trenn- und Lösungsmittel) auf der Oberfläche zurückgeblieben seinen könnten. Gerade in der empfindlichen Vaginal- und Analregion haben diese Stoffe nichts zu suchen!
Weiterführende Quellen zu dem Thema: Giftige Sexspielzeuge:
- Artikel: Dreck am Stecken (Ökotest 11/2016)
- Greenpeace warnt vor Weichmachern in Vibratoren
- Datenschlag.org
Wir hoffen, dass wir Euch nun ein wenig aufgeklärt und bei zukünftigen Einkäufen eine Hilfestellung gegeben haben.
Euer Lovetoytest-Team